oder
Ein Domchor für die Westentasche
Sehr
verehrter Herr Domkantor Weber,
lieber
Andreas,
heute
ist endlich die richtige Gelegenheit,
um
dir zu bezeugen meine große Dankbarkeit!
Denn
du hast in meinem Leben
dem
Domchor einen festen Platz gegeben!
Doch
wie konnte es dir nur gelingen,
mich
so zu begeistern für das Singen?
Dieser
Frage bin ich nachgegangen
und
konnte so zu verblüffenden Ergebnissen gelangen.
Erst
einmal kannst du ziemlich gut die Noten lesen.
Doch
das alleine ist es nicht gewesen.
Nein,
es ist deine faszinierende Persönlichkeit,
die
führt zu einer fast emotionalen Abhängigkeit.
Begeben
wir uns noch einmal - gedanklich - zurück
und
genießen dieses wohl bekannte Proben-Glück.
Wir,
die Sänger kommen laut hereingedrängt
und
werden in die engen Reihen eingezwängt.
Der
Tag brachte manchem Ärger und Verdruss,
was
man natürlich seinem Nachbarn erzählen muss.
Doch
nun zeigt sich - auf den zweiten Blick –
mit
welchem feinen pädagogischen Geschick
Andreas
unsere diffuse Aufmerksamkeit
lenkt
auf seine eigene Persönlichkeit.
Und
was nur einen Laien verwundern kann,
fängt
er dabei behutsam ganz von unten an.
„Wie
findet ihr denn meine Socken?“
Verduzt
beginnt der Chor sich hinzuhocken.
Ja,
tatsächlich, das ist fürwahr
ein
ganz erlesenes Sockenpaar!
Natürlich
bleibt er dort nicht stehen,
sondern
lässt unsere Blicke langsam aufwärst gehen.
„Wie
findet ihr denn meine Hose?“
Nun
ja, wegen Schlankheit vielleicht etwas lose.
„Wie
findet ihr denn mein Hemd?“
Nein,
Andreas ist wirklich nicht verklemmt.
Langsam
sind wir dann oben angekommen,
und
dabei unmerklich in seinen Bann genommen.
„Wie
findet ihr mich denn als Mann?“
Tja,
und allerspätestens dann
kann
man im Sopran und Alt die Damen sehen,
wie
sie ganz verzückt die Augen drehen!
Ich
erinnere mich, als ich den Tag erlebte,
wo
im Probenraum der Boden bebte!
Andreas
hatte ganz kurz sein Hemd gehoben...
Der
Blick auf DIESEN Körper ließ die Damen toben!
Wir
können Andreas auch deshalb so gut leiden,
weil
er dabei bleibt immer so bescheiden:
„Ich
bin der schönste Mann!“ – wird aber sofort eingeschränkt,
„...
wenn man sich den Kopf weg denkt!“
Neben
seiner genialen pädagogischen Fähigkeit
hat
Andreas auch eine sprichwörtliche Fürsorglichkeit.
Ihn
kümmert es wirklich – ungelogen –
dass
seine Sänger sind vernünftig angezogen.
So
nahm er sich in jeder Probe extra Zeit,
um
bei einer vom ihm lancierten Gelegenheit,
besonders
die Unterhemden im Sopran zu kontrollieren.
Niemand
brauchte sich dabei vor ihm genieren.
Nur
eines grämte mich so dann und wann:
Auch
ich zog zur Probe ein schickes T-Shirt an.
Doch
das wollte mein Meister niemals sehen.
Er
ließ seine Blicke stets in Richtung Soprane gehen.
Doch
auch im weiteren Probenverlauf,
taucht
immer wieder diese Feinfühligkeit auf.
Manchmal
wurde, das sage ich ganz offen,
von
uns ein Ton nicht ganz so optimal getroffen.
Viele
Kantoren würden jetzt toben.
Anders
Andreas. Er arbeitet mit Loben.
„Wenn
jeder Sänger weiter so gut lerne,
klinge
es perfekt wie beim LPG-Chor ‚Rote Stalllaterne’!“
Doch
ist uns wirklich mal etwas sehr gut gelungen
und
wir haben zu seiner Zufriedenheit gesungen,
dann
lächelte er - in verzücktem Banne:
„Das
war jetzt wie vom Dorfchor aus Schnarrtanne!“
und
eigentlich noch gar nicht lange her,
da
hatte er sich emotionslos vorgenommen,
von
der Prügelstrafe für falsche Töne abzukommen!
Nur
in Fällen besonders verstockter Unmusikalität
ist
es für dieses Mittel natürlich noch nicht zu spät.
Manchmal
kam allerdings das Mobiliar
noch
nicht mit diesen bahnbrechenden Methoden klar.
***
Lieber
Andreas, ich spreche jetzt für 70 Seelen:
Das
alles wird uns ab heute wirklich fehlen!
Natürlich
waren wir für dich ein Schlauch.
Aber
vielleicht fehlen wir dir - ein bisschen - auch?
Ich
sehe dich schon die Volkmannchorprobe verlassen.
Du
schlägst dir an die Stirn, kannst es nicht fassen.
„Mein
Gott! Wie konnte mir das nur passieren,
hohe
Kunst auf diesem Dorf hier zu probieren!“
Wenn
ich nur meinen Domchor wieder hätte...“
Und
genau an dieser Stätte
greifst
du in deine Westentasche
-
nicht etwa zu einer kleinen Flasche -
sondern
ziehst DEINEN Domchor heraus.
Der
sieht mittlerweile nur etwas kleiner aus.
Dieses
unscheinbare Gerätchen hier,
bringt
26 Domchorkonzerte zu dir!
28
Stunden Musik hat es im Bauch.
Wählen
kannst du hier natürlich auch.
Du
wartest also gar nicht lange,
sondern
setzt sogleich das Teil in Gange,
steckst
dir die Hörer in die Ohren,
und
fühlst dich ab sofort nicht mehr verloren.
Ob
Mendelssohn, Brahms, Umlauft oder Bach,
deine
Musik wird hiermit immer wieder wach.
So
kann dich nun in alle Weiten
dein
Domchor fortan stets begleiten.
Nur
ein kleiner Hinweis sollte noch sein:
Stecke
bitte immer eine Reservebatterie mit ein!
Ein
Letztes tue ich dir noch kund:
Willst
du mir jetzt was sagen, dann halte deinen Mund!
Danke!
Helmut
Metz
Pfingsten,
31.05.2009